Zu jung, zu unerfahren? Bachelor-Absolventen haben Dauerkritik satt
Nein, die Wirtschaft und ihre Vertreter sparen in letzter Zeit nun wirklich nicht mit Fundamentalkritik am Bildungssystem, speziell am Bachelor. Die Absolventen seien viel zu jung und unerfahren für den Jobmarkt, heißt es dann – meist noch hinter vorgehaltenen, zuweilen aber auch zum Trichter geformten Händen. Einfach nicht zu gebrauchen! „Selbst schuld“, hallt es nun von universitärer Seite zurück. Ein Einwand, der höchst berechtigt ist…
Der Frust in den Personalabteilungen scheint riesig zu sein, das ist mal klar. Denn bis zum Anschlag wird gemeckert und gewütet, wenn mal wieder ein Schwung suboptimaler Bewerbungsunterlagen ins Haus geflattert kommt. Zum Mäusemelken aber auch, wenn sich auf den gestanden zu besetzenden Fachkraftposten lauter 22-jährige Früchtchen mit Schmalzlocke und Bartflaum melden. Die Bachelors eben.
So überspitzt dieses Szenario auch klingen mag, es muss viel Wahrheit dran sein. Andernfalls hätte der Bachelor-Abschluss schlichtweg nicht das Zeug zum medialen Dauerthema. Und sonst würden sich auch im Bekanntenkreis nicht jene Geschichten häufen, in denen junge Bewerber und suchende Unternehmen trotz der insgesamt freundlichen Marktlage einfach nicht zueinander finden. Oder wenn nur zu Konditionen, die letztlich beide Seiten nicht zufrieden stellen können. Abschied auf Raten programmiert!
Jede Menge Frust
In die missliche Debatte um zu junge Absolventen und verfehlte Arbeitgeberanforderungen hat sich nun mit Birgitta Wolff (ausgerechnet) eine Hochschulpräsidentin eingeschaltet. Im Interview mit der FAZ tritt die leitende Angestellte der renommierten Goethe-Universität zu Frankfurt der Kritik der Wirtschaft am Bachelor mit Verve entgegen – und muss dem System dazu im Grunde nur den Spiegel vorhalten. Hier einige Passagen, in denen viel Wahres steckt. Höchste Zeit also, zurückzuschießen!
Hintergrund: Im Rahmen einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) gab nur etwa die Hälfte der befragten Unternehmen an, dass zuvor eingestellte Bachelorabsolventen die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen würden. Ein mieser Wert!
Frage FAZ: Haben deutsche Unternehmen tatsächlich gute Gründe, mit den Bachelor-Studenten unzufrieden zu sein?
Wolff: „Gerade Wirtschaftsvertreter haben immer wieder jüngere Berufseinsteiger gewünscht; mit den „Bachelors“ haben sie nun ein entsprechendes Angebot. Missverständnisse entstehen meiner Erfahrung nach vor allem dadurch, dass Bachelor-Absolventen mit ehemaligen Diplom- oder Magisterabsolventen verglichen werden.“
Frage FAZ: Sind Bachelors zu jung, zu lebensunerfahren, zu schlecht ausgebildet?
Wolff: „Das hängt von der Messlatte ab: wenn ich eigentlich jemanden mit „Diplom-Reifegrad“ suche, muss ich Master-Absolventen rekrutieren, nicht Bachelors.“
Frage FAZ: Leben wir in Zeiten der Überakademisierung, wie oft kritisiert wird?
Wolff: „Sicherlich wäre es gesellschaftlich kaum erstrebenswert, alle Berufsbereiche zu akademisieren, wie es offensichtlich der OECD vorschwebte – aber die hatte auch jahrzehntelang das Duale Berufsausbildungssystem, das wir in Deutschland haben, schlichtweg nicht verstanden. So kam es zu der irrigen Vorstellung, ein Kind von Akademikern, welches einen Handwerksberuf ergreift, sei ein Bildungsabsteiger.“
Jobmensa meint:
Hut ab, Frau Präsidentin! Offene Worte zu einer offenen Debatte.
Was haltet ihr von den Vorwürfen der Wirtschaft? Seid ihr ebenfalls der Meinung, dass Bachelor-Abgänger zu unerfahren seien? Wir sind gespannt auf eure Kommentare!
Bilder: sematadesign/shutterstock.com
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