Was in den Elite-Clubs von Oxford & Co. wirklich passiert
Diskriminierung, Saufgelage und Alpha-Männchen – Du denkst, mit deutschen Burschenschaften ist nicht zu spaßen? Dann hast du die britischen Elite-Clubs noch nicht kennengelernt.
Der Film „The Riot Club“ zeigt es: Sie benehmen sich wie Rockstars, dabei sind sie nichts weiter als Studenten, die Papas Geld ausgeben. Es handelt sich hier aber um keine Satire, denn der Riot Club hat ein reales Vorbild: Der Bullingdon Club des Eton Colleges in England. Und was im Film übertrieben erscheint, ist die brutale Wahrheit.
„Verwöhnt, reich, sexy, verdorben“
So lautet der Untertitel des im Oktober erschienenen Films „The Riot Club“. Gemeint ist damit Englands aktuelle Jeunesse dorée. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit treffen sich die Elite-Clubs des Königreichs regelmäßig um „ein paar Gläschen zu viel“ zu trinken. Orgien getarnt als festliche Abendessen sind Standardprogramm in den Elite-Clubs. Eine Eignungsprüfung gibt es nicht. Die einzigen Zulassungsanforderungen sind ein aristokratischer Name und das nötige Kleingeld.
Das Verhalten während der sogenannten “Banketts” wird im Film drastisch und gnadenlos gezeigt. Die Studenten seien nicht nur überheblich und empathiefrei, sondern auch brutal, sadistisch und erbarmungslos. Vom gewaltvollen Übergriff gegenüber der Mittelklasse bis hin zur Demütigung von Frauen, kein Klischee wird ausgelassen.
Der Klassenkampf soll vorbei sein? Von wegen. Ihre Aggression richtet sich vor allem gegen Menschen anderer gesellschaftlichen Klassen, nicht aber gegen fremde Religionen oder Nationalitäten. So waren neben den britischen, katholischen Mitgliedern, auch ein Äthioper, ein Jude und ein Deutscher in dem Club vertreten.
Prominenter Stammbaum
Wenn man das Verhalten dieser Elite-Clubs Englands objektiv betrachtet, erinnert es vor allem an ungezügelte Eskalationen, die man sonst nur von Rockstars kennt. Der einzige Unterschied: Deren Laufbahn endet nicht in politischen Spitzen-Ämtern. Tatsächlich sind gerade in England einige bekannte Köpfe Mitglieder des Bullingdon Clubs gewesen. Der Prominenteste unter ihnen ist kein geringerer als der britische Premierminister David Cameron. Auch dessen Schatzkanzler George Osborne und Londons Bürgermeister Boris Johnson durften sich zu ihrer Studienzeit zu den „Buller Men“ zählen. Vergleichbar zu den Eskapaden der britischen Jugend ist in Deutschland die Straßenschlacht der 68er, in der ein junger Joschka Fischer sein politisches Engagement unter Beweis stellte. Haben die zwei Politiker also vielleicht mehr Gemeinsamkeiten als beiden lieb ist?
Der Bullingdon Club ist aber nicht der einzige Dining Club, der in England für seine Eskapaden bekannt ist. The Assassins gelten beispielsweise als noch brutaler, und ein anderer, der King Charles Club, ist ganz verbannt vom St. Johns College (Cambridge, Oxford). Bekannt für seine sexuellen Ausschweifungen sind die Jungs von der Piers Gaveston Society. Die Upper Class ist also schon lange nicht mehr nur Glamour und vornehmes Benehmen, sondern hat auch ein zweites Gesicht.
Worum geht’s wirklich?
Die Regisseurin Lone Scherfig will mit ihrem Film diese Dining Societies so wahrheitsgetreu wie möglich darstellen. Allerdings stellt Carl von Siemens, der Autor des Buches “Kleine Herren – Ein Deutscher in Oxford”, fest, dass “Studenten nicht von Brooks Brothers oder Ralph Lauren gesponsert werden, und kein Studentenzimmer wie die Bibliothek eines 400 Jahre alten Landhauses aussieht”. Das Postkarten-Image Oxfords wurde also offensichtlich etwas geschönt, das Thema allerdings nicht. Genau so wie das Theaterstück “Posh”, auf dem der Film basiert, ist “The Riot Club” ein regierungskritisches Statement. Ganz im Sinne des britischen Konservatismus wird “Druck von unten” nicht bekämpft, sondern in sich aufgenommen. So werden (gegebenfalls aufmüpfige) Studenten aus der Mittelschicht mit all den glamourösen Vorzügen der Jeunesse Dorée verführt, bis Gewalt, und somit die vermeintliche Macht, ins Spiel kommt. Und plötzlich entsteht die Hoffnung, aus einem kleinen Herrn, könne ein ganz großer werden. Denn, wie auch Carl von Siemens erkannte “Ein künftiger Weltenlenker ist selten der nette Kerl von nebenan”.
Bilder: Nejron Photo/shutterstock.com
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