Uni-Professor rät Studenten zu Schummelei: Durchgeknallt? Oder gut so?
Systemkritik am Bildungswesen ist derart populär geworden, dass nun sogar das System selbst mit stänkert. Geht nicht? Gibt’s nicht? Doch! Und zwar in Buchform – verfasst ausgerechnet von einem Professor. Birger Priddat heißt der Gute und ist akademisch daheim an der Uni Witten-Herdecke. „Anwesenheitspflicht? Für die Tonne!“, sagt er und liefert den Tipp zur Umgehung des Ganzen gleich mit. „So muss das!“, finden wir.
Fundamentalkritik am Bestehenden äußert in der Regel nur, wer nicht unmittelbar davon profitiert. Deshalb sind es zumeist Studierende selbst, die mit verbaler Vehemenz auf das Bildungswesen eindreschen. Oder linksliberale Journalisten. Oder abtrünnige Bildungspolitiker kurz vor der Pension. Soweit alles nachvollziehbar.
Aber dass mit Birger Priddat zuletzt ausgerechnet ein Uni-Professor ein Buch vorgelegt hat, das man – partiell zumindest – als Abgesang aufs bestehende Normenkorsett des Bildungssystems bezeichnen kann, überrascht dann doch ein wenig. Wir haben mal drin geblättert – und konnten Erstaunliches finden. Hier ein paar Beispiele dazu, was ein Professor von der Privathochschule Witten-Herdecke seinem Arbeitsbereich so alles attestiert:
→ Thema Anwesenheitspflicht
Vollkommen überbewertet, sagt Priddat – und rät bei der Eintragung in Anwesenheitslisten zu personeller Blockbildung. Heißt: Gründet einfach eine Lerngruppe von fünf bis sechs Personen und schickt pro Woche reihum einen „Spion“ zur Eintragung und zur Verfolgung des Gesagten in die Vorlesung. Ein alter Trick, zugegeben, aber effektiver als unmotivierter Dauerbesuch. „Man darf ruhig ein bisschen mogeln“, befindet Priddat. Könnte in der Tat was dran sein.
→ Thema Regelstudienzeit
Bloß kein Stress, findet Priddat. Zwei Semester über der Regelstudienzeit seien schließlich beileibe kein Beinbruch. Korrekt, sagen auch wir. Denn Strebertum ist garantiert nicht der Weisheit letzter Schluss. Und die Kosten? Konkret: Wer soll die verlängerte Studiendauer zahlen? Hier geht Priddat argumentativ richtig steil, indem er finanziell gebeutelte Eltern dazu aufruft, einfach zwei Jahre mit dem nächsten Autokauf zu warten. Und wenn die Eltern gar kein Geld zur Verfügung haben? Dann soll es nach Ablauf der Bafög-Frist halt ein Studienkredit richten. Nun ja, Herr Professor.
→ Thema Auslandssemester
Bei der Hochschulwahl fürs Auslandssemester auf gar keinen Fall der eigenen Uni trauen, sagt Priddat, „das sollte man sich dreimal überlegen!“ Viel besser sei es, sich im Netz einfach selbst auf die Suche nach den besten Hochschulen und Betreuern zu begeben – persönliche Kontaktaufnahme inklusive. Ein Austauschprogramm müsse hierfür nicht vorliegen, sagt der Buchautor. Wir sagen: Schräger Vorschlag – sicherlich. Aber wenn’s so klappt, ist alles gut. Und wenn nicht, kann man es in der Tat noch übers Auslandsamt versuchen. Insofern hätte man durch den skizzierten Privatvorstoß tatsächlich nichts zu verlieren.
Jobmensa meint: Endlich sagt’s mal einer von denen, die normalerweise nur die Klappe halten. Aus Befangenheit, Ignoranz, Arbeitgebertreue oder Angst vor Konsequenzen. Insofern hat sich Birger Priddat mit seinem publizistischen Vorstoß schonmal den großen Jobmensa-Ehrenorden an Eichenlaub verdient. Glückwunsch! Ob seine Vorschläge aber auch der Realität standhalten, bleibt dabei offen. Einfach mal probieren, sagen wir.
Bilder: /shutterstock.com
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