Studium = nur noch das lernen, was mich interessiert?
Was erhoffen sich Studenten von ihrem Studium? Die meisten werden darauf antworten: Nur noch Dinge zu lernen, die mich interessieren. Aber entspricht das der Realität? Bedeutet die Entscheidung für ein Studienfach tatsächlich, sich nur noch mit Inhalten zu beschäftigen, die einen WIRKLICH interessieren? Ich habe andere Erfahrungen gemacht. Warum man im Studium nicht nur lernt, was man will und warum wir eine Alternative zu unserer heutigen Studienordnung brauchen, lest ihr hier.
Im Studium wird alles anders?
Das Abi ist geschafft, die Schule hat man hinter sich gelassen und neben ein bisschen Wehmut macht sich unter den Abiturienten auch eine kollektive Erleichterung breit. Ab jetzt liegt schließlich eine große Zukunft vor einem, man hat endlich selbst etwas zu entscheiden und vor allem: man macht nur noch das, was man wirklich will. Also schreibt man sich für ein Studium ein, entscheidet sich für ein Fach, eine Uni, eine Stadt und ist sich sicher: Langeweile wie in der Schule, das gibts nicht mehr. Dafür habe ich mich ja für ein Fachgebiet meiner Wahl entschieden.
Die Wahrheit ist – nur das, was man will, lernt man immernoch nicht. Die Desillusionierung erreicht die meisten Studenten vor allem in den ersten Semestern. Trockene Grundlagen werden in verschulten Stundenplänen vermittelt. Selbstbestimmung: Fehlanzeige. Wenn man dann mal einen Kurs entdeckt, auf den man wirklich Lust hätte, bekommt man dort eventuell keinen Platz. Und so muss man sich als Student oft mit einem Mindestmaß an den Inhalten begnügen, die einem Spaß machen. Bis zu dem Zeitpunkt im Studium, an dem man individueller seine Schwerpunkte setzen kann, halten viele Studis nicht durch. So bricht jeder 4. seinen Bachelor ab, die meisten davon in den ersten Semestern.
Warum es bislang nicht funktioniert
Was tut die Politik dagegen? Will den Unis eine Prämie für jeden Absolventen zahlen, schafft die Studiengebühren ab, lobt das Studium als den ultimativen Lebensplan. Aber keine dieser Maßnahmen trifft wirklich den Kern des Problems: dass die Organisation des Studiums es den Studenten nicht erlaubt, nur das zu lernen, was sie interessiert.
Nun mag man behaupten, es müsse ja auch nicht immer alles Spaß machen. Die Vermittlung von Grundlagen sei schließlich essenziell für das Studium und später im Job tut man auch nicht immer nur Dinge, die einen interessieren. Zum einen, Grundlagen sind wichtig, klar. Aber geht es nicht auch um die Art und Weise, wie sie vermittelt werden? Und zum anderen, sollte es nicht unser Karriereziel sein, an oder für etwas zu arbeiten, wofür man sich begeistern kann? Meiner Meinung nach ist das zufriedenstellender im Studien- und Arbeitsleben als etwa eine tolle Bezahlung oder der schnelle Weg in eine Machtposition. Fakt ist zudem, dass man die Inhalte, die man wirklich lernen will, viel mehr verinnerlicht und auch über einen längeren Zeitraum hinweg anwenden kann. Das Wissen hingegen, das man sich jedoch gezwungenermaßen reinprügelt, ist nach der Prüfung schnell wieder vergessen. Die Frage, die ich mir wiederholt gestellt habe ist:
Kann man das Studium nicht auch anders gestalten?
Ich denke, was es in erster Linie braucht, ist, dass den Studenten wieder mehr Eigenverantwortung bei der Studiengestaltung gestattet wird, und sie nicht behandelt werden wie Schüler. Eine übergroße Bevormundung kann doch in keinem Fall zielführend sein, vielmehr baut der Student eine immer größere Distanz zu seinem Fach auf, da er sich an Stellen, an denen er es gerne hätte, nicht eingehender mit einem Thema beschäftigen kann. Stattdessen muss er seine Zeit mit Kursen verbringen, deren Inhalten er in seinem Berufsleben sowieso nicht nachgehen möchte. Wie aber könnte eine Form des Studiums aussehen, bei der ich vermehrt das lernen kann, was mich wirklich interessiert?
Über sich selbst und sein Studium bestimmen zu können, kann beim Studenten Berge versetzen und ihn zu Höchstleistungen motivieren. Ähnlich wie bei der Montessoripädagogik könnte man auch in der Uni ein Konzept verfolgen, dass eine freiere Arbeit und offeneren Unterricht beinhaltet, so wie es der Grundsatz von Maria Montessori besagt: “Hilf mir, es selbst zu tun.”
Professoren müssten beobachten, welche Methoden ihre Studenten benötigen und ihren Lehrplan darauf abstimmen. Die Studenten hingegen werden bereits in ihrem Studium zu mehr Selbstständigkeit erzogen und lernen bereits vor dem Job, mit Verantwortung umzugehen.
Von einer Veränderung profitieren alle
Das kann doch auch nur im Interesse der Arbeitgeber sein oder? Zumal nicht nur mehr, sondern auch motiviertere Absolventen in den Arbeitsmarkt starten würden. Klar, das Ganze hört sich sehr idealistisch und realitätsfern an. Und ich gebe zu, es wäre sowohl zeit- als auch kostenintensiv. Aber man halte sich doch einfach mal vor Augen, worum es hierbei geht: die Zukunft unseres Landes, dass nach immer mehr Akademikern und genialen Köpfen lechzt. Solche, wie wir Studenten es sein könnten, wenn jeder sein individuelles Potenzial entfalten kann, indem er das lernt, was er kann und was ihn interessiert. Denn wir haben alle unterschiedliche Stärken und Schwächen. Höchste Zeit also, uns diesen Grundsatz auch im Studium umsetzen zu lassen. Schließlich haben alle was davon.
Wenn du auf der Suche nach etwas bist, was dich wirklich interessiert, dann such dir doch einen spannenden Nebenjob. Natürlich bei Jobmensa.
Bilder: mimagephotography/shutterstock.com
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