In die Karibik dank Erasmus: Studium unter Palmen

05.08.2015

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Author: Laura
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Sonnuntergang in der Karibik am Strand mit Palmen

Granada, Barcelona, Paris oder London – an diese Erasmus-Klassiker denken viele zuerst, wenn nach den Traumzielen für ein Auslandssemester gefragt wird. Aber wusstest du, dass Erasmus auch dein Ticket in die Karibik sein kann?

Für Studierende, die ein Auslandssemester planen, ist das Erasmus-Programm der EU häufig die erste Wahl. Nicht ohne Grund: Die Auswahl an Kooperationen mit anderen europäischen Hochschulen ist in den meisten Studienfächern groß, das Auswahlverfahren in der Regel weniger aufwändig als für andere Auslandsstipendien und häufig stehen Kurzentschlossenen sogar Restplätze zur Verfügung. Entsprechend haben im Hochschuljahr 2013/2014 rund 30.000 deutsche Studierende das Erasmus-Abenteuer gewagt – fast 10.000 mehr als noch vor 10 Jahren. Dass man mit Erasmus neben den europäischen Metropolen auch fernab vom heimischen Kontinent studieren kann, wissen allerdings die wenigsten.

Mit Erasmus in die Karibik oder Südsee – so geht’s

Grundsätzlich könnt ihr über das Erasmus-Programm in allen Mitgliedsstaaten der EU studieren. Hinzu kommen einige weitere Programmländer wie etwa die Türkei und – jetzt kommen wir der Sache näher – die sogenannten europäischen Überseegebiete.

Dazu gehören neben den Kanaren, Azoren und dem portugiesischen Inselchen Madeira auch exotische Überbleibsel aus der europäischen Kolonialzeit. Diese Sehnsuchtsorte liegen zum Beispiel im südlichen Pazifik, dem indischen Ozean oder der Karibik und sind als Überseegebiete angegliedert an Frankreich, Großbritannien und die Niederlande. Und das Beste: einige davon haben tatsächlich Universitäten. Da wäre zum Beispiel die Université de la Réunion im indischen Ozean, die Université de Nouvelle Calédonie im Südpazifik oder die karibische Universiteit van Aruba. Um eure Chancen auf ein Erasmus-Semester in Übersee zu erhöhen, schadet es also nicht Französisch oder Niederländisch zu beherrschen.

Natürlich hat nicht jeder Fachbereich eine Kooperation mit einer Universität eines europäischen Überseegebiets im Angebot. Wer nicht zu den Glücklichen gehört, der kann erst einmal selbst recherchieren, an welcher Hochschule in der Ferne das eigene Fach überhaupt studiert werden kann. Unser Tipp: Bewaffnet mit guten Argumenten und einer ordentlichen Portion Glück, kann man dem/der Fachkoordinator*in dann eine neue Kooperation vorschlagen. Wenn das nicht klappt, besteht alternativ noch die Möglichkeit ein Auslandspraktikum in einem Überseegebiet mit Erasmus fördern zu lassen. Wendet euch hierzu am besten auch an eure Universität.

Martinique – Uni zwischen Palmen und Regenwald

Einer dieser besagten Exoten unter den Erasmus-Zielen ist die französische Karibikinsel Martinique: 70 mal 40 Kilometer wahr gewordene Fototapete zwischen karibischem Meer und dem Atlantik, 7.000 Kilometer und etwa acht Stunden Flugzeit von Deutschland entfernt. Blütenweiße, von Palmen gesäumte Sandstrände, türkis glitzerndes Meer, frisch aufgeschlagene Kokosnüsse, dazu ein Glas Rum aus einer der zahlreichen martiniquesischen Destillerien, von irgendwo aus der Ferne wummern Reggae-Beats aus einem knisternden Autoradio – sich hier auf das Studium zu konzentrieren fällt wirklich nicht leicht. Immerhin teilen etwa 5500 Studierende auf Martinique dieses Schicksal – und ich vor ein paar Jahren ebenfalls.

Quasi als erste Amtshandlung nach der Einschreibung, hatte ich freudestrahlend den Namen der Insel unter den Erasmus-Kooperationen meines Fachbereichs erspäht. Zwei Jahre später saß ich im Flieger, Non-Stop von Paris nach Fort-de-France, Martinique, und hatte keine Ahnung was mich erwartet. Erstmal erstaunlich wenig Neues. Das Taxi, die Autobahn, die Stadt, all das erinnerte eher an Südfrankreich als an die – zugegeben klischeehafte – Vorstellung einer karibischen Insel in meinem Kopf. Als französisches Übersee-Département hat Martinique mit den höchsten Lebensstandard der karibischen Inseln. Offizielle Währung ist der Euro. Wer Regenwald, staubige Schotterpisten und einsame Strände erwartet ist hier zwar nicht falsch, muss aber erst einmal raus aus der Stadt.

Karibik-Erasmus-Lektion Nr. 1: Entschleunigung

Auf den zweiten Blick steckt in Martinique dann doch bedeutend mehr Karibik als Europa. Das gilt für das Lebensgefühl der Einheimischen, die kulinarischen Genüsse, das Wetter und nicht zuletzt für das Studium. Die akademische Uhr tickt hier anders als auf dem Kontinent. Ich weiß gar nicht mehr wie oft ich vor verschlossenen Seminarräumen stand, weil meine Veranstaltung schon wieder ausgefallen war. Ärgerlich. Und nicht der einzige Moment dieser Art. Vermutlich habe ich in einem halben Jahr Martinique mehr Zeit mit Warten verbracht, als in Deutschland in zehn. Warten in der Uni, Warten in Supermarktschlangen, Warten bei der Post, endloses Warten bei der Bank, aussichtsloses Warten auf den Bus.

Entschleunigung beschreibt diese typische Erfahrung, die Europäer*innen in der Karibik machen wohl am besten. Nach einer Umgewöhnungsphase lernt jedoch selbst das deutsche Gemüt das langsame Leben lieben. Immerhin wartet man an einem der schönsten Fleckchen Erde der Welt.

Warum mit Erasmus in die Ferne

Eins steht fest: ob Paris, Wien oder eben Karibik – ein Auslandssemester mit Erasmus lohnt sich immer! Man lernt nicht nur eine Universität in einem anderen Land, die fremde Sprache, Kultur und jede Menge tolle Leute kennen, sondern wird auch herausgefordert und dadurch selbstständiger. Wer die Chance hat mit Erasmus in Übersee zu studieren, bekommt vielleicht den noch größeren Kulturschock – aber eben auch die Möglichkeit mehrere Monate an einem Ort zu leben, an den man sonst vielleicht niemals gekommen wäre.

Tipps für ein Erasmus-Semester in Übersee

  • Unbekannte Orte auf der Liste mit den Erasmus-Kooperationen checken. Hinter einem unspektakulär klingenden Namen könnte die Universitätsstadt einer Trauminsel stecken.

  • Rechtzeitig mit der Planung beginnen. Ein Erasmus-Semester in europäischen Überseegebieten ist in der Vorbereitung aufwändiger, als Ziele innerhalb Europas. Langstreckenflüge sind teuer und sollten frühzeitig gebucht werden. Außerdem sind meist zusätzliche Impfungen nötig. Auch der Versicherungsschutz muss mit der Krankenversicherung abgeklärt werden.

  • Die generelle Erasmus-Problematik ist in der Ferne die gleiche wie in Barcelona, Dublin oder sonst wo: Wer mit den einheimischen Studierenden in Kontakt kommen will, der darf es sich nicht im Erasmus-Mikrokosmos bequem machen. Hergekommen ist man schließlich, um die Kultur des Ziellandes kennenzulernen. Das geht nur, wenn man sich auch mal von den Erasmus-Kumpels loseist.

  • Sparen. Bei Erasmus handelt es sich nicht um ein Vollstipendium. Man bekommt einen monatlichen Zuschuss zur Deckung der Lebenshaltungs- und Reisekosten. Wieviel das ist, ist je nach Hochschule und Gastland unterschiedlich. Durchschnittlich erhielten deutsche Erasmus-Stipendiaten 2012/2013 etwas über 200 Euro im Monat. Lebensmittel und Unterkunft sind in europäischen Überseegebieten aber mitunter sogar teurer als in Deutschland. Vieles muss importiert werden, das schlägt auf die Preise. Auch die Flugkosten sind nicht zu unterschätzen.

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