Sechs, setzen! Oder: Ist Plagiarismus im Studium normal?
Und schon wieder ’nen Politiker beim Schummeln erwischt: Der Bundestagsabgeordnete Frank Steffel (CDU) hat jüngst seinen Doktorgrad von der Humboldt Uni in Berlin entzogen bekommen – und wird damit öffentlich an den Pranger gedrängt. Doch Plagiarismus scheint im universitären Umfeld fast zum Tagesgeschäft zu zählen.
Die meisten kommen ungestraft über alle Berge
Nicht nur plagiierte schriftliche Arbeiten dümpeln im Kosmos des akademischen Fehlverhaltens. Auch Spicken und Abschreiben in der Klausur zählen dazu. Der große Unterschied liegt allerdings darin, dass die Aktion vorsätzlich oder eben unbewusst vonstatten gehen kann. Und plötzlich ist der augenscheinlich eigene Satz in der Hausarbeit, ehm, geklautes Gedankengut. Goodbye, akademische Integrität!
Vielleicht mag dieser einer der Gründe sein, warum in Sachen Plagiarismus eine Art riesengroße Grauzone an den Universitäten ihr Unwesen treibt. Dazu kommt, dass Lehrende ihren Job diesbezüglich häufig nicht ganz so ernst nehmen oder zu gestresst sind, um den Studierenden konsequent auf den Zahn zu fühlen. Und dass es sehr schlaue Tricks beim Betrügen gibt, die es praktisch unaufspürbar machen.
Zwar gibt es Suchmaschinen und extra Softwares, um Plagiate aufzuspüren, trotzdem werden sie selten von den Verantwortlichen genutzt; und damit der Startschuss zum Betrügen abgefeuert. Ein ewiger Teufelskreis. Das macht zumindest so den Anschein, wenn man einen Blick auf die von 2009 bis 2012 durchgeführte Fairuse Studie der Universität zum akademischen Fehlverhalten wirft. Dozenten und Studis nahmen an der Befragung teil.
Plagiarismus im Sudium: Ingenieure schummeln wohl besonders gern
Ehrliche (oder clever schummelnde) Kommilitonen sind laut Fairuse in der Minderzahl. Das demonstrieren die folgenden Ergebnisse der Befragung.
- Knapp 80 Prozent aller Studierenden haben bereits abgeschrieben, kopiert, oder auf irgendeine andere Art geschummelt.
- Zwei Drittel der Mediziner schreiben in Klausuren ab. Die kleinen Schummler!
- Der Durchschnitt aller Studiengänge liegt bei 37 Prozent.
- 35 Prozent aller Naturwissenschaftler fälschen einfach die Messwerte ihrer Experimente.
- Jeder Vierte aus Rechts-, Wirtschafts- & Sozialwissenschaften gab an, noch nie in irgendeiner Weise gemogelt zu haben. Im Durchschnitt ist es nur jeder Fünfte. Toll!
- Nicht die Juristen plagiieren am meisten, sondern Ingenieure (fast jeder dritte), bei Sportwissenschaftlern plagiiert jeder vierte, bei Juristen jeder fünfte und bei Wirtschaftsstudenten nur jeder zehnte.
Sollte die gerechte Strafe im Ermessen der Uni liegen?
Im Falle Steffel behauptet die Uni, dass ein möglicher Betrug bei einigen Passagen in seiner Doktorarbeit nicht auszuschließen sei, da hilft auch kein Protest. Als eine Ursula von der Leyen 2016 des Schummelns beschuldigt wurde und es Nachweise gab, durfte sie ihren Titel behalten. Weil Sie durch ihre Erkenntnisse ja etwas Neues beigesteuert hat.
Person der Öffentlichkeit hin oder her, wer sich den akademischen Regeln widersetzt sollte seinen Grad nicht behalten dürfen – egal wer, egal an welcher Uni. Selbst dann, wenn die schizophrene Debatte um unehrliche Politiker nicht kleinkarierter sein könnte und jahrzehntealte wissenschaftliche Arbeiten im Keller richtig liegen. Oder?
Oder man behält halt den Anspruch ans eigene Hirnwerk, vertraut in die eigenen Fähigkeiten und verzichtet mal aufs Schummeln. Kind, hör auf den Rat von Mudda Jobmensa! Zum Studieren brauchst du bloß einen Kuli und einen Job, alles andere packst du schon aus eigener Kraft.
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