Nieder mit dem Abschlusszwang! Der Abbruch ist keine Schande mehr
Viele kennen die Zweifel. Soll ich mein Studium abschließen, das Zeugnis einsammeln, die Eltern stolz machen, den richtigen Job finden? Oder die alten Logikketten aufbrechen, weil mich die Unzufriedenheit plagt und es wagen, einen anderen Weg abseits der Universität einzuschlagen? Beide Entschlüsse haben ihr Vorteile.
Der Studienabbruch ist seit jüngster Zeit wieder allseits beliebtes Gesprächsthema. Hier bei uns, aber auch in der Politik. Ein Drittel aller Studenten bricht ab. Das soll sich ändern. Deshalb wird aufgestockt mit mehr Geld, mehr Betreuung, mehr Innovationen. Konkrete Konzepte, die abseits von Theorie und neuesten Studien einerseits die Kluft zwischen Abbrechern und Unternehmen überwinden, andererseits die Quote mindern sollen, haben Zuwachs.
Im Kampf gegen den Abbruch
Dafür stellt der Hochschulpakt III ab 2016 erneut Milliarden zu Verfügung. Von diesem Geld erhalten Hochschulen einen Pauschalbetrag für jeden zusätzlichen Studienanfänger. Aktuell beträgt dieser 18.000 Euro. Als erstes Bundesland wird nun NRW auch eine Erfolgsprämie in Höhe von 4000 Euro für jeden erfolgreichen Abschluss an die jeweilige Hochschule einführen.
Daneben entstehen gerade bundesweit Programme, die den Abbruch vorbeugen und den Studenten ein wenig fester an der Hand nehmen sollen. Hochschulen in Aachen führen das nullte Semester ein, ein Schnupperprogramm, für all diejenigen, die zunächst ohne Druck einen Einblick in das Wunschfach suchen. In Trier soll eine 100 Tage App mit Stundenplan und Gewinnspiel die Studienanfänger bei Laune halten, in Greifswald lädt die Student-Coaching-Lounge zu Beratungsgesprächen ein.
Lehrstellen als Auffangbecken
Doch wer sich trotz des schillernden Angebots dennoch zu einem Studienabbruch entscheidet, den mag diese Neuigkeit ein wenig trösten: Das Bild des Studienabbrechers unterliegt einem positiven Wandel. Nach Unternehmer-Umfragen gilt ein Abbruch nicht mehr als Zeichen des Versagens. Wer sich bewusst gegen das Studium entscheidet und sich nicht nur durchquält, weil er meint, sonst wäre alles umsonst, trifft auf wachsendes Verständnis.
Angesichts der vielen unbesetzten Lehrstellen, sowie 200.000 Betriebe, deren Chefs bald in Rente gehen, sind Studienabbrecher auch durchaus attraktiv für Betriebe. Dies hat auch das Bildungsministerium im letzten Jahr öffentlich betont und damit Hoffnung gehegt, Ausbildungswege und Karrieren in Zukunft durchlässiger gestaltbar zu machen. Schließlich wird die Unzufriedenheit im Studium von vielen mit mangelndem Praxisbezug begründet. Gleichzeitig trauen sich aber immer noch zu wenige, das Studium für eine Ausbildung aufzugeben. Nicht selten aufgrund von veraltetem Statusglauben. Doch Karriere ist eben selten in erster Linie abhängig vom Beruf, sondern schlicht von der eigenen Herangehensweise.
Nieder mit dem Abschlusszwang – auch im Kopf
Ein Studium macht nicht automatisch glücklich und erfolgreich, weil einen das Abitur offiziell dazu befähigt. Ausbildungswege werden sich in Zukunft weiter verändern, individueller werden und flexibler zugänglich. Das ist eine positive Entwicklung, die aber auch beinhalten muss, dass Abschlüsse nicht mehr per se oberstes Gebot darstellen, sondern die gewünschte Flexibilität auch in den Köpfen stattfindet und andere Wege zulässt.
Bilder: file404/shutterstock.com
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