Mein Kommilitone, der Zombie – Desinteresse am eigenen Studium
Langsam können wir es nicht mehr hören: Studenten seien faul, desinteressiert, abhängig von Medien, selbstdarstellerisch und, was womöglich am schlimmsten ist, kompromisslos angepasst. Allerdings haben es die Jungakademiker auch schwer, es überhaupt jemandem Recht zu machen. Bist du antriebslos, entsprichst du dem Klischee, bist du ambitioniert, giltst du als zu systemkonform. Nun meldet sich aber eine Studentin selbst zu Wort und bestätigt diese Vorurteile weitestgehend.
„Einziges Ziel der Seminare war es, sie zu überstehen“
In einem Leserartikel für DIE ZEIT beschreibt die Psychologie-Studentin Deborah Ryszka ihre Enttäuschung gegenüber ihren Kommilitonen. Ihr größter Vorwurf ist das Desinteresse am eigenen Studium. Mit hohen Erwartungen ging sie an die Uni, und traf auf Erstsemestler, die scheinbar nicht wirklich am Studieren interessiert waren, sondern eher am Studentenleben. Diskussionen waren nicht mehr von fachspezifischen Grundfragen, sondern von der Auswahl der richtigen Kneipe, geprägt. Wenn man es dann tatsächlich wagte, ein Thema aus der letzten Vorlesung anzuschneiden, erntete man schiefe Blicke.
Während der Vorlesungen und Seminare stellt Ryszka hauptsächlich Passivität fest. Ihr erschien es, als wäre das „einzige Ziel der Seminare, sie zu überstehen“; und diese Stimmung übertrage sich auch auf die Dozenten, und somit auf die Unterrichtsqualität. Der unmotivierte Monolog, der die Power-Point Präsentation begleitet, nehme langsam aber sicher den Platz des lebhaften, frei gehaltenen Vortrags an. Ein Teufelskreis? Natürlich muss man sich durch einige trockene Grundmodule quälen, die schon einige Studienanfänger haben zweifeln lassen, aber wenn sich selbst nach ein paar Semestern kein ernsthaftes Interesse für das, was man tut, entwickelt, haben es weder Kommilitonen noch Dozenten leicht. Ist dieses Phänomen studiengangspezifisch? Vielleicht. Doch auch aus Sicht des Lehrpersonals nimmt die Leistungsbereitschaft ab.
„Nachfrage nach Fragen verschwindet“
Christiane Florin teilt Ryszkas Meinung. Sie lehrt Politische Wissenschaft an der Universität Bonn und empört sich in ihrem Buch Warum unsere Studenten so angepasst sind über die Bequemlichkeit der Generation Y. Zu ihren größten Feinden gehören Wikipedia und Google, die ihrer Meinung nach Schuld daran sind, dass immer mehr Studenten es nicht mehr einsehen, sich Informationen wirklich einzuprägen. Man könne es ja jederzeit online abrufen, sollte man mal eine Liste aller Bundeskanzler, in chronologischer Reihenfolge, erstellen müssen. Wenn es nicht ausdrücklich gefordert wird, bereiten sich manche Studenten sogar gar nicht mehr auf eine Sitzung vor.
Aber nicht nur die Leistungs-, sondern auch die Diskussionsbereitschaft sinkt. Sie spricht von „Überraschungsresistenz“ und Pragmatismus. „Intellektueller“ werde im Hörsaal zum Schimpfwort und die „Nachfrage nach Fragen“ verschwinde. Die von ihr genannte Bequemlichkeit äußert sich aber auch im allgemeinen Lebensstil. Grundsätzlich gilt, je mehr vorbereitet wird, desto besser. Fertig erstellte Stundenpläne, Vorlagen, Semesterpläne, etc. – Laut Florin sind all das Zeichen für verwöhnte Studenten.
Jobmensa meint: Aber lassen sich diese Feststellungen wirklich pauschalisieren? Auf keinen Fall! Manche haben Glück und finden sich in einem Raum voller innovativer Köpfe wieder. Andere, wie beispielsweise Deborah Ryszka und Christiane Florin empfinden den geistigen Wandel als desillusionierend. Das mag vermutlich an zu hohen Erwartungen und einer idealistischen Denkweise liegen. Aber ist es wirklich schon zu viel verlangt, dass sich Studenten (wenigstens) für ihr eigenes Fach interessieren?
Bilder: avemario/shutterstock.com
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