Lerne, im Studium auch mal „Nein“ zu sagen
Vielen von uns fällt es schwer NEIN zu sagen, insbesondere im Studium. Kannst du mir bei der Hausarbeit helfen? Übernimmst du die Recherche für die Gruppenarbeit? Kommst du heute Abend noch mit auf ein Bier? Wollen wir zusammen für die Klausur lernen, du kannst das doch schon alles? Wir wollen deine Fähigkeit unterstützen, besser „Nein“ sagen zu können, daher sag „Ja“ zu diesem Artikel.
Unser „Nein“ verstehen
Wie immer sind viele Vorstellungen, Überzeugungen und Konditionierungen auf Einflüsse aus unserer Kindheit zurückzuführen. Haben wir einmal unsere irrationalen Annahmen identifiziert, sind wir danach dazu in der Lage, uns selbst neu zu programmieren und mit gesünderen und selbstbewussteren Annahmen unseren mentalen Muskel zu trainieren.
Hier einige Beispiele, die man sich verinnerlichen sollte:
- Ich habe das Recht meine Meinung zu äußern, auch wenn sie sich von denen anderer unterscheidet.
- Unterschiedliche Meinungen kreieren einfach nur Diskussionen.
- In dem ich mir selbst zuerst Gehör schenke, erhalten andere bessere Ergebnisse von mir.
- Ein „Nein“ ist keine Zurückweisung.
- „Nein“ zu sagen, betrifft nicht die Person, sondern nur die betreffende Situation.
Strategien, die ein „Nein“ einfacher machen
Von einem selbstbewussten Standpunkt aus ist es wichtig, nicht einfach nur „Nein“ zu sagen. Im Gegenteil, man sollte das Wort „Nein“ vermeiden und versuchen, mögliche emotionale Bestandteile, die ein „Nein“ häufig begleiten, zu entfernen. Betrachten wir beispielsweise folgende Antwort eines Kommilitonen auf die Frage, ob wir ihm kurz bei einer Testklausur helfen könnten:
„Ich bin gerade beschäftigt, aber habe in etwa einer halben Stunde Zeit und würde dir dann gerne weiterhelfen. Ist das okay für dich?“ In diesem Beispiel gibt es kein Zeichen für das N-Wort. Gleichzeitig drückt diese Formulierung vier Dinge aus.
- Die Bitte wird anerkannt.
- Trotzdem werden klare Grenzen gesetzt.
- Sie zeigt die generelle Hilfsbereitschaft.
- Durch die offene Frage wird der entsprechende Kommilitone einbezogen.
Spielen wir die Szene zu Ende durch und nehmen an, dass der andere mit unserem Vorschlag nicht einverstanden ist: „Das geht nicht, ich brauche jetzt sofort Hilfe.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand so reagiert, wenn es nicht wirklich wichtig ist, ist sehr gering. Ist man sich jedoch sicher, dass der andere gerade kein wirklich ernstes Problem hat, kann man auch auf solche harschen Worte folgendermaßen antworten. “Es tut mir Leid, dass ich dir im Augenblick nicht helfen kann. Aber wie gesagt, stehe ich gerne in etwa 30 min zur Verfügung. Vielleicht fragst du in der Zwischenzeit einen anderen Kommilitonen um Hilfe.“ Mit diesem Vorgehen schaffst du es, für dich selbst einzutreten, bietest Alternativen an und wirkst weder schwierig, noch unangenehm oder aggressiv.
Sechs Wege „Nein“ zu sagen
Zusätzlich zu diesem realen Beispiel findest du im Folgenden sechs Techniken, um eine Bitte abzulehnen, ohne dich dabei schuldig zu fühlen.
1. Das direkte „Nein“
Wenn dich jemand darum bittet, etwas zu tun, was du nicht machen möchtest oder was du schlichtweg nicht erfüllen kannst, sag einfach „Nein“. Aufgrund der bereits angesprochenen irrationalen Vorstellungen, die uns durch unser Umfeld und unsere Erziehung antrainiert wird, mag sich ein solches „Nein“ als sehr hart anfühlen. Das Ziel ist „Nein“ zu sagen ohne das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen, auch wenn es sich anfangs möglicherweise weniger aggressiv anfühlt zu sagen, „Sorry, ich kann das nicht machen.“ Mit der Zeit sollte man jedoch versuchen, die Entschuldigung wegzulassen, da sie nicht immer notwendig ist.
2. Das reflektierte ‘Nein’
Dies beinhaltet, den Inhalt und das Bedürfnis des Anfragenden anzuerkennen, aber eine nette und bestimmte Absage folgen zu lassen. Zum Beispiel, „Ich weiß du benötigst meine Hilfe für die Hausarbeit heute, aber ich schaffe es nicht vor morgen.“ Diese Technik sorgt für eine emotionale und intelligente Form der Interaktion.
3. Das begründete ‘Nein’
Gib eine kurze und einmalige Begründung für dein „Nein“: „Ich kann heute Abend nicht mit raus gehen, da die Hausarbeit bis morgen fertig sein muss.“
4. Das verschobene ‘Nein’
Ein der besten Arten „Nein“ zu sagen, da es sich eigentlich um ein „Ja“ handelt. Psychologisch gesehen bekommt die Person, die eine Anfrage an dich richtet, genau das was sie will, wenn auch leicht zeitversetzt. Im Grunde genommen sagst du im hier und jetzt „Nein“, um in einem bestimmten Bereich in der Zukunft „Ja“ sagen zu können. „Ich kann unter der Woche abends nicht mit euch zusammen für die Klausur lernen, aber gerne am Wochenende.“
5. Das fragende ‘Nein’
Wie das begründete „Nein“, ist auch das fragende kein definitives. Es ist vielmehr eine Möglichkeit, die Bitte zu erweitern und zu sehen, ob es eine Alternative gibt. Ein Beispiel: „Ich kann dir bei der ehemaligen Klausurfrage leider nicht helfen, weil ich selbst noch nicht so weit bin, aber vielleicht gibt es jemand anderen in meiner Whatsapp-Lerngruppe, der dir weiterhelfen kann – Ich lad dich mal ein.“
6. Das wiederholte ‘Nein’
Es kann in einer Vielzahl von Situation angewendet werden. Man wiederholt einfach die schlichte Absage. Ohne eine Erklärung, du musst die getroffene Aussage nur wiederholen. Das hilft besonders für hartnäckige Anfragen. „Ich kann es heute nicht machen, aber sicherlich morgen.“ „Wie schon gesagt, ich kann es heute nicht machen.“ Klingt ebenfalls simpel, erweitert aber insbesondere bei hartnäckigeren Kommilitonen das Antwortspektrum, die gelernt haben, wenn man nur lange genug nervt, bekommt man schon was man will. Wichtig ist trotzdem, beim wiederholten „Nein“ auf die eigene Stimmlage, die Mimik und die Körpersprache zu achten, da es leicht von einer 5 zu einer 8 auf der gefühlten Aggressivitätsskala werden kann.
Verinnerliche diese Techniken. Sie geben dir die Möglichkeit, „Nein“ zu sagen zu unnötigen Verpflichtungen und können dir somit die Zeit geben, die du brauchst, um dich zu regenerieren und abzuschalten. Nein zu sagen zu täglichen Ablenkungen hilft dir Zeit und Raum zu finden, um dich auf die Dinge zu konzentrieren, die dir wirklich wichtig sind. Und zu Versuchungen nein zu sagen, sollte dir helfen, gesünder zu leben. Viele Unternehmer bezeichnen Situationen, in denen sie nicht „Nein“ gesagt haben, sogar als ihre größten Fehler. Aber wie kann man die dringenden und wichtigen Dinge im Studium umgehen und unnötige Ablenkungen vermeiden, so dass man sich auf die Dinge fokussieren kann, die einem wirklich wichtig sind? Es mag wie eine sehr große Aufgabe erscheinen. Aber die Forschung zeigt, dass auch kleine Änderungen in unseren täglichen Abläufen eine signifikante Auswirkung auf unsere Fähigkeit haben, besser „nein“ zu sagen. Im Folgenden findest du Möglichkeiten, die es dir leichter machen, „nein“ zu sagen, um Versuchungen zu widerstehen, aber auch um ein produktiveres und gesünderes Leben zu führen.
Wie man „Nein“ sagt: Die Forschung zeigt den besten Weg
In einer kürzlich veröffentlichen Studie, wurden 120 Studenten in zwei Gruppen aufgeteilt. Der einen Gruppe wurde gesagt, sie sollten sich jedes Mal, wenn sie von etwas in Versuchung geführt würden, selbst sagen „Ich kann XYZ nicht machen.“ wenn ihnen jemand bspw. Schokoladeneis anböte, sollten sie antworten „Ich kann (heute) kein Schokoladeneis essen.“ Der zweiten Gruppe wurde gesagt, dass sie im Angesicht einer Versuchung mit „Ich mache XYZ nicht.“ reagieren sollten. Böte ihnen jemand Schokoladeneis an, sollten sie antworten mit „Ich esse kein Schokoladeneis.“ Nachdem jeder Teilnehmer diese Sätze mehrmals wiederholt hatte, sollte er einige Fragen beantworten, die von der Studie komplett unabhängig waren. Nachdem sie die Fragen beantwortet hatten, brachten Sie den ausgefüllten Test nach vorne in dem Glauben die Studie sei beendet – doch sie fing gerade erst an. Jeder Student, der auf dem Weg nach draußen seinen Antwortzettel abgab, wurde gefragt, ob er lieber einen Schokoriegel oder einen gesunden Müsliriegel haben möchte zur Belohnung. Die Studienleiter vermerkten die Antworten auf dem Antwortzettel der Studenten.
Wie die „richtigen Worte“ es einfacher machen „Nein“ zu sagen
Die Forscher entwickelten daher eine neue Studie, bei der sie 30 Frauen baten an einem „Gesundheits- und Wellness Seminar“ teilzunehmen. Alle Frauen wurden gebeten sich auf ein langfristiges Ziel bzgl. ihrer Gesundheit oder ihrem Wohlbefinden zu fokussieren, welches Ihnen wichtig war. Im Anschluss wurden die Frauen in drei Gruppen a 10 Personen aufgeteilt.
Gruppe 1 wurde gesagt, dass sie jedes Mal, wenn sie kurz davor waren ihr Ziel zu vernachlässigen, einfach „nein“ sagen sollten. Diese Gruppe war somit die Kontrollgruppe, da man ihnen keine spezifische Strategie zuwies.
Gruppe 2 wurde angewiesen, jedes Mal kurz vor Vernachlässigung ihres Ziels „Ich kann nicht“ zu sagen. „Ich kann heute nicht auf Sport verzichten.“
Gruppe 3 sollte die „Ich mache X nicht“ Strategie anwenden. “Ich verzichte nicht auf Sport.”
An den folgenden 10 Tagen erhielt jede Frau eine E-mail, in der sie über ihren Fortschritt berichten sollte. Der Inhalt der Mail war sehr klar: „Während des 10-tägigen Zeitraumes werden Sie täglich E-mails erhalten, die Sie daran erinnern die ihnen zugewiesene Strategie zu verwenden und Fälle zu schildern, bei denen die Strategie funktionierte oder nicht funktionierte. Sollte die Strategie überhaupt nicht funktionieren, schreiben Sie uns und Sie können aufhören auf die Mails zu antworten.“
So sahen die Ergebnisse 10 Tage später aus:
- Gruppe 1 (die “sag einfach nein” Gruppe) 3 von 10 Frauen schafften es ihre Ziele 10 Tage lang zu verfolgen.
- Gruppe 2 (die “kann nicht” Gruppe) 1 von 10 Frauen schaffte es über den Zeitraum von 10 Tagen ihre Ziele zu verfolgen.
- Gruppe 3 (die “mache nicht” Gruppe) 8 von 10 Frauen schafften es über die gesamten 10 Tage ihre Ziele zu verfolgen.
Die Worte, die du wählst, helfen dir somit nicht nur bei Entscheidungen, sondern auch individuell gesteckte Ziele besser zu verfolgen.
Warum ist „mache ich nicht“ besser als „kann ich nicht“
Die Worte, die du verwendest ermöglichen es dir, den richtigen Rahmen zu setzen, um dich selbst in die Lage zu versetzen, dich zu kontrollieren. Weiterhin schaffst du durch die Worte, die du sprichst, eine Feedback Schleife, die dein zukünftiges Verhalten beeinflusst. Jedes Mal, wenn du dir selbst sagst, „Ich kann nicht“ schaffst du damit eine Feedback Schleife, die dir „deine Grenzen“ vor Augen führt. Die Terminologie impliziert, dass du dich dazu zwingen musst, etwas zu tun, was du eigentlich nicht willst bspw. „Ich kann (darf) keine Schokolade essen.“
Wie kannst du das täglich anwenden
Um es auf den Punkt zu bringen:
Lerne, in bestimmten Situationen einfach mal „Nein“ zu sagen. Es ist eine Fähigkeit, die man sich aneignen muss, wenn man ein unabhängiges, selbst bestimmtes und erfülltes Leben führen möchte. Beginne mit Situationen in denen du merkst, dass ein „Nein“ die richtige Antwort ist und sehe sie nicht als etwas an, dass du vermeiden musst, sondern als etwas, an dem du die Möglichkeit hast dich zu testen und zu wachsen! Deine Stressbelastung wird spürbar abnehmen, deine Gesundheit und dein allgemeines Wohlbefinden kommen wieder ins Gleichgewicht.
Also, was ist dir lieber? Das zu tun und zu sagen, was andere von dir erwarten oder deinen eigenen, für dich richtigen Weg zu gehen? Oder um es drastisch zu formulieren: Du kannst entweder Opfer oder Architekt deiner Sprache sein. Was ziehst du vor?
(Der Artikel wurde am 14.03.2014 aktualisiert)
Bilder: GaudiLab/shutterstock.com
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