Kommst du heute nicht, kommst du morgen… – Wie WhatsApp unser soziales Leben beeinflusst
Nahezu jeder Freundeskreis kommuniziert heute über WhatsApp. Es ist ja auch so herrlich einfach und kostet zudem nichts. Steht eine Geburtstagsfeier an wird kurzerhand eine Gruppe ins Leben gerufen, über die Ort und Zeit der Veranstaltung bekannt gegeben werden. Geht natürlich auch viel schneller als das Basteln von Geburtstagseinladungen, wie wir es noch aus der Grundschule kennen. Wirklich?
Tom: Sollen wir uns mal wieder treffen?
Leonie: Ich wäre dabei.
Paul: Klingt gut.
Marie: Hätte schon Lust, hab aber gerade viel zu tun.
Paul: Wann denn?
Tom: Cool! Wie wäre es Freitag?
Leonie: Neeeeeeee, da kann ich nicht.
Tom: Samstag?
Leonie: Ja gerne!
Paul: Och nö, ich kann nur Freitag, Samstag heiratet meine Cousine.
Leonie: Wie cool! Die Susi?
Paul: Nee, die andere. Claudia. Wird bestimmt gut. Die haben mega viel geplant!
Marie: Oh wie schön! Eine Hochzeit 🙂
Tom: Hmm… nächste Woche dann?
Marie: Hä? Ich dachte diese?
Paul: Lies doch mal die Nachrichten!
Marie: Sind zu viele! Wann denn jetzt?
Paul: Weiß nicht.
Leonie: Keine Ahnung ob ich nächste Woche Zeit habe. Denke schon. Mal gucken.
Tom: Ja gut, dann lass dann noch mal schreiben.
Paul: Okay.
Leonie: Gut.
Tom: Marie?
Marie: Ich hab Freitag Zeit!
Wer kennt es nicht?
Fast jeder wird einen ähnlichen Dialog in seinem WhatsApp-Verlauf finden. Dabei soll WhatsApp die Pflege sozialer Kontakte doch eigentlich vereinfachen. Und genau da liegt das Problem: Eine Flut von Nachrichten wartet nach einem Tag Arbeit, ohne aufs Handy zu schauen auf einen. Teilweise werden nur die letzten Nachrichten gelesen, da der Rest zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde. So wiederholen sich Fragen und Aussagen. Alles wird zudem schön wage gehalten, verpflichten will sich niemand.
Verabreden Mission Impossible?
Warum fällt es uns so schwer eine feste Verabredung auszumachen? Ein entscheidender Faktor ist sicherlich der eben noch als Vorteil beschriebene Umstand der Einfachheit, Schnelligkeit und Kostenlosigkeit. “Ich kann doch nicht, euch viel Spaß.” Dieser Satz ist schnell getippt und kann dank des Internets innerhalb von Sekunden übermittelt werden. Warum sollte man also schon früher Position beziehen als nötig? Flexibilität wird doch heute immer so sehr gelobt… Da WhatsApp lange Zeit umsonst ist, werden auch jede Menge Nachrichten versendet, die für eine circa 9 Cent teure SMS schon zu banal wären. Dadurch entstehen sicherlich häufig amüsante Blödelein, allerdings bringen solche Satzfetzen die Planung einer Verabredung nur bedingt weiter.
Sollte es dann doch eines Tages tatsächlich dazu kommen, dass der gesamte Freundeskreis einen gemeinsamen Termin findet, treten weitere Probleme auf. Leonie steht pünktlich um 21Uhr an der Haltestelle und wartet auf den Rest. Um 15 nach vibriert ihr Handy. Paul: „Ich schaff 21Uhr nicht. Muss noch kurz was essen, dann komm ich.“ Kurz darauf vibriert das Handy erneut. Marie: „Ich bin auf dem Weg, ca. 10Minuten.“ Tom meldet sich gar nicht mehr, trifft aber ohne ein Wort der Entschuldigung um 21.20Uhr ein. Keiner scheint an die anderen gedacht zu haben, jeder schaut nur auf sich selbst. Das Leonie sich abgehetzt hat um rechtzeitig da zu sein interessiert niemanden. Ist das Freundschaft? Ständig sind alle über WhatsApp erreichbar. Eine ständige Verfügbarkeit wird suggeriert. Doch wenn es dann ernst wird und die virtuelle Kommunikation den Weg in die Realität finden soll, kneifen viele. Lieber überall ein bisschen mitmischen, hier und da einen Kommentar fallen lassen, als sich voll und ganz etwas hinzugeben und tatsächlich an Verabredungen festzuhalten.
Weißt du noch damals?
Damals fragte man seinen Spielkameraden schon in der Pause nach einer Verabredung oder rief von Festnetz zu Festnetz an, um ein Treffen zum gemeinsamen Toben im Garten auszumachen. Durch die direkte Ansprache mussten die Gefragten antworten, andererseits wäre das Gespräch sehr merkwürdig verlaufen. Natürlich konnte man nachdenken, in einen Kalender schauen oder die Mutter fragen, ob man Zeit hätte. Sich vollständig um eine Antwort zu drücken war allerdings fast unmöglich.
Mehr Entscheidungsfreude bitte!
Ist es denn tatsächlich zu viel verlangt, seinen Freunden eine zuverlässige Antwort zu geben? Es ist schade, dass WhatsApp uns zu einer vagen Generation macht, die sich vor lauter Möglichkeiten lieber nicht festlegen möchte. Zwar ist die Kommunikation zwischen den Menschen durch WhatsApp intensiver geworden- inhaltliche Tiefe ist dadurch aber noch lange nicht garantiert.
Wir von Jobmensa möchten euch auffordern, alle Vorzüge von WhatsApp und Co zu nutzen und dennoch ein wenig alte Höflichkeit einzubehalten. Nur dann vereinfachen uns Apps tatsächlich das Leben und vertagen nicht nur eine Entscheidungsfindung.
Was sagt ihr zu diesem Thema? Findet ihr, dass WhatsApp unser soziales Leben vereinfacht oder seht ihr eher eine Veränderung innerhalb eures Freundeskreises durch das Medium? Wir sind gespannt, welche Erfahrungen ihr gemacht habt!
Bilder: nenetus/shutterstock.com
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