Gratis um die Welt und Luxus ohne Ende – über Hobbies im digitalen Zeitalter
Die einen spielen Tennis, die anderen hacken sich in das Handy der Kanzlerin. Hobbies können nicht unterschiedlicher sein. Man kann nur hoffen, dass der Tennisspieler gute Absichten hat. Eine Geschichte von coolen Jungs, Luxus und Hobbies im digitalen Zeitalter.
Dein Hobby von “1” bis “super aufregend”?
Ich spiele gerne Boule im Park. Fast würde ich es als Hobby bezeichnen. Denn ich spiele ziemlich häufig, je nach Zeit und Wetter. Es macht mir Spaß. Nichts außergewöhnliches, denkt ihr jetzt. Sie hat ein Hobby. Klasse. Denn so ist das ja meistens mit Hobbies. Hin und wieder trifft man jemanden, der macht doch etwas ausgefeilteres, gar etwas ungewöhnliches. Etwa Fledermäuse beobachten, oder so. Aber das war’s dann auch. Man sagt dann “Wow, das ist ja interessant”, weil einem sonst nicht viel dazu einfällt. Überhaupt klingt Hobby ein bisschen nach gestern. Oder nach Rente, wie man’s nimmt. Jedenfalls können wir uns darauf einigen, dass ein Hobby auf einer Skala von “1” bis “super aufregend” selten die Spitze erreicht.
IT und Jetset in luxuriöser Symbiose
Nicht so bei dem Hobby von Ben Schlappig. Seine Lieblingsfreizeitbeschäftigung ist ziemlich wahnsinnig und ganz bestimmt rastet die Bewertungsnadel auch noch über “super aufregend” vollkommen aus. Denn Ben Schlappig hat es sich zum Hobby gemacht – und ich wiederhole dieses Wort unentwegt, weil er es als Teil der Gruppe “The Hobby” ausführt – First Class um die Welt zu fliegen. Umsonst versteht sich. Doch damit nicht genug. Seine Instagramposts zeigen den gefeierten Shootingstar mit dem teuersten Schampus, Stewardessen beim tête-à-tête auf der Bordtoilette und in Luxushotels. Meist bleibt er nur eine Nacht, dann fliegt er wieder weiter.
Wie er dazu kam, eröffnet das besondere Talent des 25-jährigen. Ben Schlappig ist Hacker. Einer unter vielen IT-Nerds und Luxus-Liebhabern, die den Fluggesellschaften momentan ein Dorn im Auge sind. “The Hobby” – deren Name ist wohl eher Ironie – hat eine Software und Apps entwickelt, die den Systemalgorithmus der Fluggesellschaften geknackt haben. Und das funktioniert so:
“the people who run these programs are idiots”
Die Software durchsucht das Internet nach den günstigsten, fast ausgebuchten Economy Flügen und bucht einen Platz genau in dem Moment, in dem die Klasse eigentlich schon ausgebucht ist, Schlappig aber noch im System als Passagier landet. So wird er fast immer upgegradet. “The people who run these programs are idiots”, erläutert Schlappig zum allgemeinen Verständnis, weshalb er am Ende oft für gerade mal 10$ auch noch in der Präsidentensuite landet. Das Geld für die Economy Flüge bekommt er meist durch Beschwerden über Fehler, kaputte Kopfhörer, etc. wieder rein. Mittlerweile besitzt er Entschuldigungsgutscheine im Wert von 10.000$. Und natürlich Meilen, weit über eine Million.
Ganz schön anstrengend, werden jetzt wohl die Yogaisten unter euch denken. Aber für die Hacker von “The Hobby” ist ihre Beschäftigung weder Yoga noch Boule. Es ist ein Wettkampf. Die Mission lautet, knack die Codes der Fluggesellschaften und flieg so viel du kannst, aber lass dich nicht erwischen. Ben Schlappig ist einer der versiertesten unter den Hobbyisten und bei weitem nicht nur luxussüchtig. Bereits in seiner frühen Kindheit beschäftigte er sich mit Flugzeugen, Luftfahrttechnik und Software, bis er eines Tages in das Internetforum FlyerTalk kam und Gleichgesinnte traf. Dort formierte sich nach und nach das globale Spiel des Freifliegens. Juristen, Bürokratenhengste und IT-Spezialisten teilten ihr Wissen, das die Hobbyisten nun schon seit über 10 Jahren kostenlos um die Welt reisen lässt.
„These idiots“ könnten auch wir sein
Die Fluggesellschaften wissen natürlich von “The Hobby”. Doch es ist wie im Kasino. Ein starker Spieler lockt viele Schwache an den Tisch. Sie verlieren – oder in diesem Fall – fliegen auf und müssen zahlen. So kommt ein Großteil des Geldes wieder bei den Fluggesellschaften an. Um sie muss man sich also nicht sorgen. Doch so aufregend sich Schlappigs Hobby anhört, so beunruhigend mutet es an, betrachtet man nur mal das Potenzial, das es mit sich bringt.
“The Hobby”, dessen Methoden hier kaum nachvollziehbar zu erläutern möglich sind, ist eines der harmloseren Beispiele, wie sich digitale Systeme bereits durchdringen und verändern lassen. Es entblößt aufs deutlichste seine Durchlässigkeit, die offensichtlich nicht vollends kontrolliert werden kann – auch nicht von seinen technischen Entwicklern. Es führt uns wieder mitten in Debatte um Daten, vorbei an Facebook und Co., hin zum Kern, der eigentlichen Problematik, der digitalen Kriegstechnik, zu Drohnen. Die Worte “The people who run these programs are idiots” mögen zunächst Bewunderung auslösen. Doch was bedeutet das folglich, wenn schon ein 16-jähriger das System einer Fluggesellschaft hacken kann? Dann erscheint das, was er damit tut nichtig gegenüber dem, was noch alles möglich ist. Und es nur noch eine Frage der Zeit ist bis diese Worte nicht mehr nur Champagner trinkenden Schlappigs entgleiten, sondern irgendeinem anderen Softwarespezialisten, der ganz andere Leidenschaften hat.
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Bilder: oneinchpunch/shutterstock.com
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