Gradeview – Wie gut bin ich wirklich?
Bin ich durchschnittlich, besser oder schlechter als meine Kommilitonen? Ohne Notenlisten oder Durchschnitte lässt sich das schwer einschätzen. Die Seite gradeview.de ermöglicht es dir, dich anonym zu vergleichen. Aber wollen wir das überhaupt?
Seit 2013 ist die Seite zum Noten verwalten im Netz. Seit 2001 studieren wir im Bachelor/Master System. Und seit der Schule vergleichen wir unsere Noten. Wer dachte, dass das ewige Konkurrenzdenken im Studium ein Ende hat, täuscht sich stark, denn diese Seite lässt dich mit anderen Studenten vergleichen. Sie zeigt dir wie gut oder wie schlecht du bist. Und das gnadenlos.
Vergleichen, Rechnen, Vermitteln
Die Web-App bietet dir scheinbar alles, was du brauchst, um deine Karriere in die Hand zu nehmen und dir einen Überblick über deine Leistungen zu verschaffen. Nach der Registrierung kannst du deinen Studiengang in deiner Stadt suchen und sogar deinen Schwerpunkt bestimmen. Der nächste Schritt ist es dann, all deine Noten einzutragen, damit du dich später mit anderen Studenten vergleichen kannst. Außerdem ist es dir möglich, deinen schlecht- oder bestmöglichen Durchschnitt auszurechnen; und welche Noten du bräuchtest, um deinen Traum-Schnitt zu erlangen. Doch damit noch nicht genug. Es sollen dir zudem noch Jobangebote angezeigt werden, die auf dich zugeschneidert sind. Zumindest in der Theorie. Es heißt aber, dass ab und zu doch noch eine unpassende Anzeige erscheint (z.B.: Marketing für Biologen).
Der Leistungsdruck steigt
Gradeview ist sicher eine gute Möglichkeit, um Ordnung in seine Studienleistungen zu bringen und seine Chancen im direkten Vergleich zu prüfen. Allerdings füttert das natürlich Selbstzweifel, Minderwertigkeitserscheinungen und Zukunftsängste. Außerdem ist nicht jeder deutsche Student dort angemeldet, was das Ergebnis doch etwas wackelig werden lässt. Aber selbst wenn alle 2,7 Millionen Studierende ihre Leistungen in gradeview eintragen würden, wollen wir das wirklich? Wollen wir zum gläsernen Studenten werden? Wir vergleichen uns doch sowieso schon ständig auf Facebook, Instagram & Co. Und überhaupt, ist der Leistungsdruck an der Uni nicht schon groß genug? Braucht man tatsächlich noch ein Online-Portal, um den Druck zu verstärken? “Vor allem in wirtschaftswissenschaftlichen und technischen Studiengängen” wird der Schnitt immer wichtiger, und der Konkurrenzkampf dadurch größer. “Man kann sich dem Leistungsdruck gar nicht entziehen” meint Max Weber, einer der zwei Begründer der Seite. Vielleicht hat er damit auch Recht, denn mit Bologna und Turbo-Abitur ist damit auch nicht geholfen.
Jobmensa meint: gradeview.de ist eine super Plattform, um dir einen Überblick über die aktuelle Lage und deine Position zu verschaffen. Vorsicht ist jedoch geboten, dass man sich davon nicht einschüchtern lässt. Man muss nicht jeden Trend mitmachen und ob du nur ein statt zwei Praktika im Lebenslauf stehen hast, macht dich nicht automatisch weniger interessant. Noten sind letztendlich Ziffern auf Papier. Zum Glück gibt es noch viele Arbeitgeber, die Offenheit, Flexibilität und Kompetenz über einen auf Hochglanz polierten Lebenslauf stellen.
Solltest du trotzdem ein bisschen Lebenslauf-Tuning betreiben wollen, so findest du auf Jobmensa einen Nebenjob, der zu dir und deinem Studium passt.
Bilder: Ollyy/shutterstock.com
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