Einmal Praktikant bei Vivienne Westwood – Das kannst du auch
Irgendeinen Praktikumsplatz zu finden ist in der Regel nicht schwer. Doch dann gibt es wiederum auch die absoluten Traumunternehmen. Du hast dich bisher nicht getraut, dich einfach einmal auf eine solche Position zu bewerben? Dann macht unser Interview mit Giovanni Fior dir vielleicht Mut, dein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Giovanni studiert Mehrsprachige Kommunikation an der Fachhochschule Köln. Jetzt ist er im 6. Semester und durfte im Sommer 2014 ein Praktikum bei der Designerin Vivienne Westwood in London absolvieren. Wir haben ihn nach seinen Aufgaben, Erfahrungen und natürlich hilfreichen Tipps gefragt. Alles für deinen Erfolg im Traum-Praktikum.
Vielen Dank erst einmal, dass du dir Zeit für ein Interview nimmst Giovanni. Am besten starten wir sofort mit meiner ersten Frage: Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, ein Praktikum bei Vivienne Westwood anzustreben?
Also, da unser Studienverlaufsplan ein Auslandssemester vorschreibt, habe ich mich natürlich intensiver mit dem Thema Auslandspraktikum beschäftigt. Weil einer meiner Cousins zu diesem Zeitpunkt schon bei Vivienne Westwood arbeitete, fragte ich ihn einfach einmal, wie die Chancen auf einen Praktikumsplatz wären. Das bot sich an, weil ich mich schon länger für Mode interessierte. Kurze Zeit später flog ich dann nach England. Bei einem Gespräch versicherte er mir, dass er mir ein Jobinterview mit dem Personalleiter verschaffen könnte. Er hielt Wort, denn ich bekam eine Einladung zum Gespräch im Februar.
Handelte es sich „nur“ um ein Gespräch oder musstest du dein Können schon richtig unter Beweis stellen?

Giovanni (rechts) und Kollegen bei der Arbeit.
Ich blieb tatsächlich direkt zu einem Probetag. Dabei erfüllte ich verschiedenste Aufgaben, ich war quasi der Assistent eines Assistenten. Am Ende des Tages hatten sie sich davon überzeugt, dass ich ins Unternehmen passen würde und auch motiviert arbeite. Die Zusage zum Praktikum kam dann Ende Februar/Anfang März.
Das heißt, du hast ein Jahr im Voraus mit der Planung begonnen?
Ja, das stimmt. Es dauert einfach unglaublich lange bis alle Unterlagen durch die HR gegangen sind und verschickt wurden. Man sollte also frühzeitig planen.
Logischerweise musstest du auch irgendwo wohnen. Kannst du irgendwelche Tipps zur Wohnungssuche in London geben? Mit welchem Budget muss man rechnen?
Die Suche vor Ort ist definitiv am effektivsten. Im ersten Monat wohnte ich in einer recht teuren Unterkunft (1200 Euro pro Monat). Zum Monatsende konnte ich aber zum Glück in ein Zimmer ziehen, dass mich die Hälfte gekostet hat und trotzdem ziemlich zentral war. Ich denke, dass ein Budget von 600 Euro durchaus realistisch ist.
Cool, dann kommen wir am besten zum Praktikum an sich. Welche Aufgaben durftest du übernehmen?
Ich war der Assistent des Sale-Executive für die Männerlinie. Sprich: Ich war für die Kunden zuständig, die zu uns in den Showroom nach London kamen. Das waren vor allem Käufer aus Asien, Skandinavien und Afrika. Wenn bei den anderen Sale-Executives ein Praktikant ausfiel, bin ich außerdem manchmal eingesprungen. Ich hatte also nicht nur mit Männermode zu tun. Du musst wissen, dass fast permanent nach Praktikanten gesucht wird. Jeder Sale-Executive hat ein bis zwei Praktikanten.
Was waren das für Kunden?
Vorrangig Vertreter großer Kaufhäuser (zum Beispiel Harrods), die Stücke aus der neuen Kollektion einkaufen wollten. Ich stellte dann die gesamte Kollektion vor und kümmerte mich um die Kundschaft. Und versuchte natürlich, nicht nur die im Einkauf günstigen Produkte wie T-Shirts an den Mann zu bringen, sondern auch Anzüge und so weiter.
Hatten die festangestellten Kollegen alle ein abgeschlossenes Studium mit Schwerpunkt Mode?

Damit alles funktioniert braucht es viele helfende Hände.
Es waren schon viele mit Fashion-Design oder Fashion-Management-Hintergrund, aber längst nicht alle. Manche hatten ihr Studium sogar abgebrochen, weil sie lieber eine Festanstellung antreten wollten. Andere hatten völlig andere Fachrichtungen studiert: Mein Cousin hat zum Beispiel einen Abschluss in englischer Literatur, den er in Italien gemacht hat.
Wie war die Atmosphäre im Unternehmen?
Sehr locker und familiär. Wir haben uns alle geduzt und abends oft etwas zusammen unternommen. Die Hierachien waren so flach, dass ich sogar die Chefin persönlich dutzen durfte.
Du hast Vivienne Westwood also persönlich kennengelernt?
Ja, sie war wirklich richtig locker drauf und supernett zu allen Mitarbeitern. Während der Fashion-Week im Sommer und Winter habe ich am meisten mit ihr zu tun gehabt.
Apropos Fashion-Week: Wie läuft die Vorbereitung auf so ein Riesenevent ab?
Ziemlich arbeitsintensiv. Ich habe beim Casting und Fitting geholfen. Das bedeutet, Outfits zusammenstellen, inklusive Accessoires, und die richtigen Models casten. Außerdem mussten wir den Ablauf genau planen und aufpassen, dass alles glatt läuft. Da aber immer irgendetwas schief geht, muss man sehr schnell im effektiven Lösen von Problemen sein. Die Hauptsache ist, dass der Zuschauer nichts mitkriegt. Während der Fashion-Week bekommen die Mitarbeiter im Schnitt höchstens 4 Stunden Schlaf pro Nacht.
Mit einem Lächeln fragt Giovanni mich, ob ich den Film “Der Teufel trägt Prada” kennen würde. Auf meine positive Antwort erwidert er:

Die Models sind soweit. Gleich beginnt die Show.
Der Film ist eine recht realistische Darstellung eines Jobs in der Branche. Wenn jemand zum Beispiel einen Hut braucht, wie ausgefallen er auch sein mag, dann muss man ihn halt besorgen. Sätze wie “Just make it happen” gehören in dem Business einfach dazu. Auch wenn das Betriebsklima bei uns natürlich sehr viel besser war als im Film. Diesbezüglich hakt der Vergleich an allen Fronten.
Das klingt nach wirklich viel Stress und Eigenverantwortung. Könntest du dir denn vorstellen, dauerhaft im Modegeschäft zu arbeiten?
Die Zeit bei Vivienne Westwood war auf jeden Fall the time of my life. Trotzdem würde ich mir wohl eine andere Branche suchen. Nicht wegen der Hektik oder so. Eher, weil die Modewelt recht oberflächlich und kommerziell ist. Man beschäftigt sich mit Problemen, die viel mit der Glaumour-Welt, aber wenig mit der Realität zu tun haben. Ich möchte mich um die ernsthaften Probleme “echter“ Menschen kümmern. Trotzdem ist es natürlich ein riesige Industrie, die viele interessante Jobs verspricht.
Hast du denn ein paar Ratschläge für unsere Leser, die von einem Praktikum in der Modewelt oder einer anderen boomenden Branche träumen?
Nun, Kontakte knüpfen ist erst einmal alles. Ob das über vorherige Praktika läuft oder man bei Facebook oder XING Mitarbeiter anspricht ist dabei egal. Wer bloß eine Bewerbung in die Personalabteilungen der großen Labels schickt, hat wenig Erfolgschancen. Außerdem muss man bereit sein, sehr hart zu arbeiten. Zwar bekommt man auch als Fachfremder die Chance, sich beweisen zu dürfen, doch muss man sich wirklich anstrengen. Bevor man die Stelle antritt, sollte man sich mit der Unternehmensgeschichte und der Branche intensiv auseinandersetzen: Das hat mir so manches Mal einen Riesenvorteil verschafft. Man muss zeigen, dass man es drauf hat. Außerdem sollte man immer Mitdenken, Probleme frühzeitig erkennen und schnell Lösungsansätze präsentieren können.
Mein wichtigster Ratschlag lautet jedoch, immer nett und freundlich zu sein. Ellbogen-Einsatz schadet dem Networking und das ist nun einmal das A und O, wenn man in der Arbeitswelt Fuß fassen möchte.
Vielen Dank für die vielen interessanten Eindrücke, die wir sammeln durften, Giovanni und Bis Dann!
Vielleicht kommt ein Praktikum in der Modewelt überhaupt nicht für euch in Frage. Trotzdem kann euch unser Beitrag zeigen, dass ihr immer versuchen solltet, euren Traum-Arbeitsplatz zu bekommen. Arbeitet darauf hin, informiert euch, lasst euch nicht entmutigen. In unserer Jobbörse findet ihr viele Praktikums- und Jobangebote. Wenn ihr noch bestimmte Fragen zum Thema „Praktikum bei Vivienne Westwood“ habt, wendet euch gerne an unsere Redaktion. Viel Erfolg beim Bewerben!
Bilder: Giovanni Fior, Viktoria Minkova/shutterstock.com
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