Befristet unentbehrlich: Wie Zeitverträge den Jobeinstieg vermiesen
Gegen ein bisschen Flexibilität im Berufsleben ist ja nichts einzuwenden. Hält die Birne frisch, kann sogar Spaß bereiten, sicherlich Typsache. Aber das, was man beim Jobeinstieg seit einigen Jahren immer häufiger und zugleich ungewollt erlebt, geht dann doch zu weit. Wovon hier die Rede ist? Von einer echten unternehmerischen Nervensäge: dem befristeten Vertrag.
Mehr und mehr Absolventen haben beruflich mit Zeitverträgen zu kämpfen – trotz Abschluss, trotz glänzender Noten, trotz zahlreicher Praktika, trotz Auslandserfahrung. Zu Recht fragt man sich als Betroffene(r): „Was zur Hölle soll ich eigentlich noch leisten, um am Arbeitsmarkt endlich mal als wichtig angesehen zu werden – und zwar unbefristet wichtig?“ Die Antwort muss derzeit leider lauten: Gar nichts, denn man hat es scheinbar eh nicht in der Hand.
Drastischer Anstieg binnen weniger Jahre
Hier mal in paar Zahlen, die den fragwürdigen Trend der letzten Jahre untermauern: 1995 lag der Anteil der befristeten Beschäftigung in Deutschland noch bei 16 Prozent – 2012 waren es bereits 26 Prozent. Zugleich ist der Anteil bei den 20- bis 25-Jährigen von 21 Prozent auf fast 50 Prozent hochgeschossen.
Etwas weniger drastisch, aber immer noch deutlich ist die Entwicklung bei den 25- bis 30-Jährigen, denn hier ist der Anteil der befristeten Beschäftigung von 10 Prozent auf 22 Prozent gestiegen. Im Gesamtbild ziemlich heftig! Und konkret bei Akademikern? Hier landet heute fast jeder zweite Berufseinsteiger zunächst in einem Zeitvertrag, je nach Fachbereich sogar deutlich mehr. Na dann, Glückwunsch.
Früher war ja eh alles besser
Nun wird der jungen Generation ja ganz gerne vorgeworfen, sie täte sich schwer mit den großen Entscheidungen des Lebens: (1) Ehe, (2) Kinder, (3) Haus. Und es ist sicherlich richtig, dass die Vielzahl der sich heutzutage bietenden Gestaltungsoptionen hieran einen gehörigen Anteil hat.
Aber mal ehrlich, ihr altklugen Besserwisser: Wollt ihr uns etwa erzählen, ihr hättet mit 25 Jahren auch dann zwei Kinder im eigenen Auto ins halb abbezahlte Eigenheim kutschiert, wenn das Berufliche noch unklar gewesen wäre? Nein, hättet ihr nicht! Die Zeiten waren halt anders.
Einbußen auch beim Gehalt
Stimmt im befristeten Arbeitsverhältnis denn wenigstens die Kohle? Nein, leider gibt es auch hier schlechte Nachrichten. Rund 20 Prozent weniger verdienen Akademiker in Zeitverträgen, was zu der ohnehin vorhandenen Unsicherheit über den Verlauf der beruflichen Zukunft auch noch die Möglichkeit einschränkt, sich für den Ernstfall ein bisschen was anzusparen. Das soll gerecht sein?
Dennoch wollen wir mit einem kleinen Trostpflaster aussteigen: Denn immerhin haben befristet Beschäftigte relativ gute Chancen auf eine Übernahme in Festanstellung. Über 50 Prozent schaffen derzeit den Sprung, heißt es zumindest von Arbeitgeberseite. Aber die müssen es auch wissen – schließlich bezahlen sie fortan nicht mehr den befristet, sondern den unbefristet unentbehrlichen Akademiker.
Jobmensa meint
Obwohl die Situation am Arbeitsmarkt seit Jahren glänzend ist, kommen viele Unternehmen beim Thema Festvertrag einfach nicht aus den Pötten. Warum ist das so? Na klar, da ist zunächst die Angst der Chefs, sich in quasi unkündbarer Art und Weise an akademische Neulinge zu binden. Hier leisten die Gewerkschaften und das Arbeitsrecht sicherlich ganze Arbeit, indem Arbeitnehmern – gerade solchen mit Familie und langer Betriebszugehörigkeit – schlichtweg Schutz gewährt wird. Aber sorgen nicht angeblich demografische Effekte und Fachkräfteengpässe seit Jahren und auf breiter Front für mehr personellen Handlungsbedarf? Gerade auch bei jungen Akademikern? Heißt es doch immer. Und müsste das dann – rein logisch gesehen – nicht vermehrt Hand in Hand gehen mit einem kleinen vertraglichen Treueschwur namens Festanstellung?
Bilder: Lolostock/shutterstock.com
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