Absolventen in der Wohlfühlecke – Leben um zu arbeiten war gestern
Fast eine halbe Million frischgebackener Absolventen strömen in diesem Jahr aus den Unis in ihre neuen Jobs. Die meisten von ihnen haben an ihren Berufsstart auch konkrete Ansprüche: Flexibilität, gutes Arbeitsklima, die allseits diskutieret Work-Life-Balance, persönliche Entwicklungschancen und Benefits am Arbeitsplatz. Gehalt und Eigenverantwortung rangieren erst weit danach. Doch wer es sich schon zu Beginn derart gemütlich macht in der Wohlfühlecke, der wird recht bald auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Und das leider nicht sonderlich schmerzfrei.
Lieber Leben als Karriere
Der Fachkräftemangel spielt frischen Jobeinsteigern in die Hände: Sie wissen, dass sie händeringend gesucht werden – und wie das ihren Marktwert steigert. Ganz selbstbewusst also gehen die meisten ins Bewerbungsgespräch und fragen oft zuerst nach der Wochenarbeitszeit und Urlaubstagen statt nach Jobinhalten. Eine aktuelle Umfrage hat ergeben, dass Jobeinsteiger mehr denn je ein extrem hohes Sicherheitsbedürfnis haben und sich einen sicheren Arbeitsplatz mit Perspektive wünschen, der sich aber sehr gut mit der eigenen Familie vereinbaren lassen und möglichst viel Freizeit bieten soll. Flexibilität auch in Form von Homeoffice bzw. Heimarbeit steigt immer mehr nach oben auf der Job-Wunschliste. Überstunden sind ein k.o.-Kriterium. Eine 70-Stunden Jetsetwoche ist daher out, dagegen eine geregelte 40-Stunden-Woche in. Wichtig ist den Absolventen auch, dass sie ordentlich eingearbeitet und langsam in die Jobwelt eingeführt werden. Weiterbildungen und Coachings stehen ebenfalls auf der Wunschliste.
Auch der Sitz des Arbeitgebers ist für frische Absolventen entscheidend. Möglichst im Ballungsgebiet soll dieser sein und bitte nicht irgendwo in Wanne-Eickel, wo es statt Starbucks und Sushi nur den Dorfbäcker ums Eck gibt. Die Bereitschaft umzuziehen ist selbst bei ungebundenen Absolventen sehr gering. Doch schnell merken viele von ihnen, dass der Job unmittelbar vor der Haustür ein seltener Glücksfall ist, was die Karriereaussichten schmälert.
Ebenso in Puncto Verantwortung und Aufstieg hat die heutige Absolventengeneration ganz eigene Prioritäten. Wohlfühlen lautet die Devise. Karriere und persönliche Entwicklung ist zwar auch wichtig, ebenso wie interessante und abwechlsungsreiche Aufgaben, aber das soziale Umfeld steht ganz klar an oberster Stelle. Kollegialität und ein von Respekt und Vertrauen geprägter Führungsstil sind den Berufseinsteigern am wichtigsten. Ein schlechtes Arbeitsklima, doofe Kollegen und ein zu dominanter Chef sind ein absolutes No-Go. Ist man bereits in solche eine Lage gekommen, so ist die Bereitschaft nach kurzer Zeit zu kündigen recht hoch. Unbequem soll es nämlich bitte auf keinen Fall sein.
Auf den Boden der Tatsachen zurückkommen
Studentische Erwartungen an den Jobeinstieg sind heutzutage extrem vielschichtig. Unser Umfeld befindet sich in einer ständigen Wandlung. Ein und den gleichen Job sein ganzes Leben lang auszuführen ist von vorgestern. Interessante Lebensabschnitte mit immer neuen Kontakten und Aufgaben sind wichtiger als ein Chefposten. Mal will man in ein Großunternehmen reinschnuppern, mal ein Sabbatical einlegen und auch Selbstständigkeit ist für viele reizvoll. Doch wer am Anfang seines Berufslebens steht, der muss erst mal einige Hürden überwinden und sich beweisen. Es gibt sicherlich viele Erwartungen an den Berufseinstieg, aber nicht alle lassen sich realisieren.
Es ist zum Beispiel immer noch die Regel, dass Absolventen mit befristeten Verträgen in den Beruf einsteigen. Verwunderlich ist es also nicht, wenn es in vielen Fällen zu Enttäuschungen kommen wird, weil die Messlatte einfach viel zu hoch angesetzt ist. Daher ist es durchaus ratsam, seine Ansprüche vielleicht mal etwas zu überdenken. Klar hat man jahrelang an der Uni gebüffelt und will sich jetzt mit Mittelmaß zufrieden zu geben. Und jetzt bitte nicht falsch verstehen: das soll keine Absolventen-Schelte sein! Denn auch die Arbeitgeber sollten sich über die Wünsche der Absolventen Gedanken machen. Wer die Bewerber der jetzigen Generation erreichen will, der muss eben beides bieten können: Verantwortung und Karriere auf der einen Seite, gesunde Work-Life-Balance und Selbstverwirklichung auf der anderen Seite.
Liebe Studis, der Jobeinstieg ist sicherlich kein Zuckerschlecken, denn aller Anfang ist bekanntlich schwer. Vergebt nicht die guten Chancen, wenn nicht sofort alles nach euren Wünschen läuft.
Und wer das Ganze lieber erst mal im Studium ausprobieren will, der findet bei uns seine idealen Nebenjob! Bei Jobmensa, ganz einfach und kostenlos.
Bilder: racorn/shutterstock.com
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